Donnerstag, 4. Februar 2016

[Rezension] Jane Austens Northanger Abbey von Val McDermid

Die Autorin: Val McDermid
Originaltitel: Northanger Abbey
Dt. Titel: Jane Austens Northanger Abbey
Dt. Erstausgabe: 11.01.2016
Verlag: HarperCollins Germany
Format: Hardcover
Seitenzahl: 304

ISBN-10: 3959670184
ISBN-13: 978-3959670180
Preis: 19,90 €







Millionen Leser hat Val McDermid mit ihren psychologischen Krimis begeistert. Jetzt bezaubert sie mit einer Neufassung von Jane Austens Northanger Abbey.

Lesen ist gefährlich! Zu gern verliert die 17-jährige Pfarrerstochter Cat Morland sich in der Welt der Bücher und träumt von aufregenden Abenteuern. Die sie im ländlichen Piddle Valley niemals finden wird! Doch dann darf sie ihre Nachbarn, die Allens, zu einem Kulturfestival nach Edinburgh begleiten. Wo sie nicht nur unerwartet in Bella Thorpe eine neue Freundin findet, sondern sich in den jungen, aufstrebenden Rechtsanwalt Henry Tilney verliebt. Als Henry und seine Schwester Eleanor sie auf den schönen, aber düsteren Familiensitz Northanger Abbey einladen, geht Cats Fantasie mit ihr durch. Was, wenn hier ein Verbrechen stattgefunden hat? Und tatsächlich wird es für sie gefährlich – wenn auch auf unerwartete Weise.

Meine Meinung

"Northanger Abbey" von Val McDermid setzt die klassische Geschichte von Jane Austen in einen modernen Kontext.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bisher nur "Stolz und Vorurteil" gelesen habe. Die Geschichte liebe ich und auch das Buch hat mir gefallen, aber es ist doch schon so lange her, dass ich mich kaum noch an den Austen-Stil erinnere.

So kann ich nicht beurteilen, ob "Northanger Abbey" eine gelungene Adaption ist oder inwieweit der Plot mit dem des Originals übereinstimmt; ich habe nur die Meinung einer unvoreingenommenen Leserin im Angebot.

Als solche fühlte ich mich auch durchaus gut unterhalten. Ich wusste, wie gesagt, nicht, worauf ich mich einließ, hatte mir aber zumindest etwas mehr "Schauer-Atmosphäre" gewünscht, obwohl ich wusste, dass Austen ihrerzeit das Genre des Schauerromans mit "Northanger Abbey" aufs Korn nehmen wollte. Denn auch eine augenzwinkernde Grusel-Geschichte vermag es, eine packende Atmosphäre zu haben, die ich hier leider nicht spüren konnte. Schade!

Auch der Aspekt des Modernen bot mehr Leid als Freud. McDermid scheint sich, soweit ich das beurteilen kann, sprachlich dicht an das Original zu halten. Jedenfalls las sich der Stil wie der eines Buches aus einer anderen Zeit, was sich auch in der Ausdrucksweise der Figuren und ihren Erwartungen und Handlungen wiederspiegelte. So fühlte ich mich von Beginn an in der Zeit zurückversetzt, was auch die Sucht nach den sozialen Netzwerken oder die häufigen "Twilight"- oder "Harry Potter"-Anspielungen nicht ändern konnten. Ganz im Gegenteil erschienen diese eher völlig deplatziert und rissen mich durch den gefühlten Anachronismus des öfteren aus dem Lesefluss.

Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass die 17-jährigen Mädchen in McDermids Erzählung scheinbar nur auf gute Partien aus sind und sich lieber mit gesellschaftlichem Geplänkel als gescheiten Ausbildungen, geschweige denn einer möglichen Karriere, auseinandersetzen. Sie besuchen haufenweise Tanzveranstaltungen - sogar einen Ball! - und es ist natürlich völlig normal, eine Familie, die man erst seit wenigen Tagen kennt, auf ihr unheimliches Anwesen zu begleiten.

Auch wenn ich den Unterhaltungswert dieses Epochen-Wirrwarrs zu schätzen weiß, war es oftmals einfach nicht stimmig. In Verbindung mit der Distanz, die der Schreibstil vermittelt, und die eher grob umrissenen als plastischen Charaktere, war "Northanger Abbey" augenscheinlich kein Highlight für mich - und doch hat es unleugbar dieses gewisse Etwas, das einen Funken bei mir entfacht hat.

Ich mag nicht mit allem einverstanden sein und ja, ich brauchte etwa 80 Seiten, um Zugang zu diesem Buch zu finden, aber danach wollte ich es nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe oft geschmunzelt und mir auch mal die Freiheit gegönnt, Cats irreale Fantasievorstellungen weiterzuspinnen - und das macht viel zu viel Spaß; man mag es gar nicht zugeben. Das Wichtigste ist allerdings: ich will mehr! Mehr vom Austen-Projekt und endlich die restlichen Originale lesen. 

Wenn mich also jemand fragen würde, welchen Sinn das Austen-Projekt hat, würde ich getrost antworten, dass es eine wunderbare Möglichkeit ist, Jane Austens Werke neuen Generationen schmackhaft zu machen. Und das Ganze ohne den üblichen Hollywood-Kitsch. Ist das nicht das Wichtigste?

Fazit

Val McDermids moderne Adaption von Jane Austens "Northanger Abbey" bietet Stoff für einige unterhaltsame Stunden und macht definitiv Lust auf die weiteren Titel des Austen-Projekts - und natürlich auch auf die Originale. Dennoch hätte die Autorin ruhig etwas mutiger an die Geschichte herangehen und die Moderne nicht nur auf die Nennung namhafter Bücher und Marken, sowie die Sucht nach den sozialen Netzwerken, beschränken können. So prallten zwei Epochen aufeinander, die nicht zusammenpassen wollten und rissen mich ein ums andere Mal aus dem Lesefluss. Empfehlen kann ich es auf jeden Fall, für mich reicht es aber trotzdem nur für 3,5/5 Bücher!

Die Autorin

Mit drei Katzen und ihrem Sohn lebt Val McDermid in Nordengland. Während ihres Studiums in Oxford merkte sie erstmals, dass ein „richtiger“ Job nicht ihr Ziel war. Die Bibliothek mit all ihren Büchern war einfach viel faszinierender. Sie entschloss sich, Journalistin zu werden und sich dem Schreiben zu widmen. Kurz darauf gewann Val McDermid u.a. den begehrten Preis „Nachwuchsjournalistin des Jahres“.
Doch sie wollte nicht nur für die Zeitung zu schreiben. Der Wunsch, einen Roman zu verfassen führte zwar nicht zu einer erfolgreichen Veröffentlichung, doch ein befreundeter Schauspieler nahm sie unter ihre Fittiche und so kam ihr erster Roman auf die Bühne.

Doch das Schreiben von Theaterstücken konnte McDermid auf Dauer nicht glücklich machen. So wandte sie sich den Krimis zu, die sie schon immer fasziniert hatten.
Die Autorin wurde schnell ein gefeierter Start und sie gewann etliche Preise.
Außerdem engagiert Val McDermid sich aktiv für die Gleichstellung von Homosexuellen in der Gesellschaft.

Das Projekt

Im Rahmen des Austen-Projekts haben 6 moderne Bestseller-AutorInnen 6 Werke von Jane Austen adaptiert und in dem Kontext unserer heutigen Zeit neues Leben eingehaucht. Das Ganze läuft über den HarperCollins Verlag und umfasst folgende Titel: Sense & Sensibility, Northanger Abbey, Pride & Prejudice, Emma, Persuasion and Mansfield Park. Bisher auf Deutsch erschienen: Northanger Abbey

Mehr dazu: http://theaustenproject.com/

Die Blogtour

Zum Erscheinen des Buches haben sich 5 Bloggerinnen zusammengeschlossen und eine interessante Tour auf die Beine gestellt. Dort findet Ihr auch rückwirkend noch viele Informationen rund um das Austen-Projekt, die Autorinnen und das Edinburgh Festival Fringe. Außerdem gibt es einen spannenden Vergleich zwischen dem Original und der Adaption, sowie ein Scones-Rezept.

Originalcover

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

 
design by Skys Buchrezensionen