© Penhaligon Verlag |
Autor: Benjamin Percy
Originaltitel: Red Moon
Dt. Titel: Roter Mond
Dt. Erstausgabe: 03/2014
Verlag: Penhaligon
Format: Hardcover
Seitenzahl: 640
ISBN-10: 3764531231
ISBN-13: 978-3764531232
Preis: 19,99
Die Leseprobe findet Ihr hier.
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Sie leben unter uns. Sie verwandeln sich. Sie kämpfen gegen ihre Unterdrücker – uns!
Als Regierungsagenten Claire Forresters Haustür eintreten und ihre Eltern ermorden, muss sie erkennen, dass sie und ihre Familie schon immer Ausgestoßene waren.
Chase Williams hat seinen Wählern versprochen, die USA vor Terror zu beschützen. Doch nun wird er selbst zu dem, was er zu vernichten geschworen hat.
Bis heute wird die Bedrohung durch Gesetze, Gewalt und Drogen in Schach gehalten. Doch die Nacht des Roten Mondes rückt näher, wenn die Welt für immer ihr Antlitz verändern wird – und die Schlacht um die Menschlichkeit beginnt …
Eigene Meinung
"Roter Mond" von Benjamin Percy ist ein Buch, das ich so schnell wohl nicht vergessen werde.
Der Schreibstil erinnert an die Emotionslosigkeit eines Berichts, obwohl das im krassen Gegensatz zu den fast schon überbordend detaillierten Beschreibungen steht. Percy nimmt kein Blatt vor den Mund, neigt aber auch zu Ausschweifungen - dafür muss man ihm zugute halten, dass er eine so dichte Atmosphäre kreiert, das man als Leser trotz des herrschenden Mangels an Emotionen mitgerissen wird. Erzählt wird die Geschichte in einer Mischung aus personalem und allwissendem Erzählstil.
Auf über 600 Seiten ist viel Raum, um authentische Charaktere zu schaffen. Das ist Percy auch gewiss gelungen, aber das hat mir persönlich die Figuren nicht näher gebracht. Natürlich ließ mich ihr Schicksal im Großen und Ganzen nicht kalt, aber ich konnte mich nie so richtig in sie hineinversetzen, was mir das Lesevergnügen leider doch sehr erschwerte.
Es gibt viele verschiedene Handlungsstränge, die sich im Laufe der Geschichte immer wieder kreuzen und am Ende alle zusammenfinden. Die wechselnden Perspektiven treiben die Geschichten an, gestalten den Einstieg aber relativ schwierig. Ich persönlich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, nicht in der Geschichte "angekommen" zu sein, aber auch wenn ich in dieser Angelegenheit nur für mich sprechen kann, kann ich mir vorstellen, dass auch andere Leser zumindest am Anfang ihre Schwierigkeiten hatten.
Bezeichnend für die Geschichte sind die schonungslose Brutalität und die absolut banale und unerotische Darstellung von Sex. Percy stellt Letzteres als das dar, was es ist: nämlich etwas völlig Alltägliches, mit dem jeder auf die ein oder andere Art konfrontiert wird.
Man sollte sich vor dem Lesen klar darüber sein, wie politisch dieser Roman wirklich ist. Lykanthropie ist in Percys Szenario eine Krankheit, eine Seuche, und wird von der Mehrheit auch so wahrgenommen. Nur ein Teil der Infizierten, vor allem diejenigen, bei denen es seit Generationen in der Familie liegt, haben ihre zweite Natur angenommen und wollen gar nicht geheilt werden. Die gesunden Menschen fühlen sich natürlich von den Lykanern bedroht und reagieren so, wie sie es immer tun: mit Feindseligkeit, Rassismus und offener Gewalt. Es werden Gesetze erlassen, die die Kluft nur noch vergrößern und das Gebiet, in dem die Lykaner nur für sich alleine leben wollen, wird zur Kriegszone. Die prekäre Lage spitzt sich immer weiter zu bis es zu Terroranschlägen kommt, die nach und nach immer radikaler werden.
Die vielen Charaktere bieten uns die Möglichkeit, die Sicht aus den verschiedensten Lagern zu erleben. Man schlüpft abwechselnd in die Rolle einer Ex-Terroristin; einer Lykanerin, die lieber normal sein will; eines Jungen, der als Einziger einen Terroranschlag überlebt und selbst dann noch nicht weiß, auf welcher Seite er steht und eines mehr oder weniger ambitioniertem Politikers, der selbst nachdem er infiziert wurde noch radikal gegen die Lykanthropie vorgeht. Man wird mit Nazis, dem Militär, Forschern, den Terroristen uvm. konfrontiert. Im Grunde sollte das beweisen, dass die Welt nicht in Schwarz und Weiß zu unterteilen ist, aber letztendlich hat diese Geschichte nur bei mir bewirkt, dass ich plötzlich den Sinn einer bereinigenden Sinnflut voll und ganz nachvollziehen konnte. Ich schloss dieses Buch mit einem Hass auf die Menschheit, der absolut unschön war.
Dazu beigetragen hat natürlich noch das recht abrupte und unschlüssige Ende. Die meiste Zeit habe ich mir gewünscht, der Autor hätte sich kürzer gefasst, aber zum Schluss hat er es dann echt übertrieben. Plötzlich ging alles ganz schnell - die Ereignisse überschlugen sich, alle Wege kreuzten sich und für mich ging alles den Bach runter. Das angeschlagene Tempo hätte vorher gewiss auch gut getan, aber der Kontrast ist so extrem, dass es viel zu gewollt wirkte - als würde es der Autor plötzlich unter Zeitdruck stehen.
Nachdem ich mich eh schon oft fragen musste, worauf das Ganze wohl hinauslaufen wird, weil für mich kein roter Faden ersichtlich war, ist es wenig verwunderlich, dass mir das "große Finale" absolut nicht gefallen hat. Es wird bestimmt viele Leser geben, die das Ende "genial" oder "absolut passend" finden, was ich sogar irgendwie nachvollziehen kann, aber mein letzter Gedanke war: "Und dafür habe ich all die Stunden geopfert?" Es war ungefähr so als wäre ich die 386 Stufen des Kölner Doms hochgestiegen, nur um mir am Ende der Treppe den Knöchel zu verstauchen und somit nie die tatsächliche Aussichtsplattform erreichen zu können.
Der Schreibstil erinnert an die Emotionslosigkeit eines Berichts, obwohl das im krassen Gegensatz zu den fast schon überbordend detaillierten Beschreibungen steht. Percy nimmt kein Blatt vor den Mund, neigt aber auch zu Ausschweifungen - dafür muss man ihm zugute halten, dass er eine so dichte Atmosphäre kreiert, das man als Leser trotz des herrschenden Mangels an Emotionen mitgerissen wird. Erzählt wird die Geschichte in einer Mischung aus personalem und allwissendem Erzählstil.
Auf über 600 Seiten ist viel Raum, um authentische Charaktere zu schaffen. Das ist Percy auch gewiss gelungen, aber das hat mir persönlich die Figuren nicht näher gebracht. Natürlich ließ mich ihr Schicksal im Großen und Ganzen nicht kalt, aber ich konnte mich nie so richtig in sie hineinversetzen, was mir das Lesevergnügen leider doch sehr erschwerte.
Es gibt viele verschiedene Handlungsstränge, die sich im Laufe der Geschichte immer wieder kreuzen und am Ende alle zusammenfinden. Die wechselnden Perspektiven treiben die Geschichten an, gestalten den Einstieg aber relativ schwierig. Ich persönlich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, nicht in der Geschichte "angekommen" zu sein, aber auch wenn ich in dieser Angelegenheit nur für mich sprechen kann, kann ich mir vorstellen, dass auch andere Leser zumindest am Anfang ihre Schwierigkeiten hatten.
Bezeichnend für die Geschichte sind die schonungslose Brutalität und die absolut banale und unerotische Darstellung von Sex. Percy stellt Letzteres als das dar, was es ist: nämlich etwas völlig Alltägliches, mit dem jeder auf die ein oder andere Art konfrontiert wird.
Man sollte sich vor dem Lesen klar darüber sein, wie politisch dieser Roman wirklich ist. Lykanthropie ist in Percys Szenario eine Krankheit, eine Seuche, und wird von der Mehrheit auch so wahrgenommen. Nur ein Teil der Infizierten, vor allem diejenigen, bei denen es seit Generationen in der Familie liegt, haben ihre zweite Natur angenommen und wollen gar nicht geheilt werden. Die gesunden Menschen fühlen sich natürlich von den Lykanern bedroht und reagieren so, wie sie es immer tun: mit Feindseligkeit, Rassismus und offener Gewalt. Es werden Gesetze erlassen, die die Kluft nur noch vergrößern und das Gebiet, in dem die Lykaner nur für sich alleine leben wollen, wird zur Kriegszone. Die prekäre Lage spitzt sich immer weiter zu bis es zu Terroranschlägen kommt, die nach und nach immer radikaler werden.
Die vielen Charaktere bieten uns die Möglichkeit, die Sicht aus den verschiedensten Lagern zu erleben. Man schlüpft abwechselnd in die Rolle einer Ex-Terroristin; einer Lykanerin, die lieber normal sein will; eines Jungen, der als Einziger einen Terroranschlag überlebt und selbst dann noch nicht weiß, auf welcher Seite er steht und eines mehr oder weniger ambitioniertem Politikers, der selbst nachdem er infiziert wurde noch radikal gegen die Lykanthropie vorgeht. Man wird mit Nazis, dem Militär, Forschern, den Terroristen uvm. konfrontiert. Im Grunde sollte das beweisen, dass die Welt nicht in Schwarz und Weiß zu unterteilen ist, aber letztendlich hat diese Geschichte nur bei mir bewirkt, dass ich plötzlich den Sinn einer bereinigenden Sinnflut voll und ganz nachvollziehen konnte. Ich schloss dieses Buch mit einem Hass auf die Menschheit, der absolut unschön war.
Dazu beigetragen hat natürlich noch das recht abrupte und unschlüssige Ende. Die meiste Zeit habe ich mir gewünscht, der Autor hätte sich kürzer gefasst, aber zum Schluss hat er es dann echt übertrieben. Plötzlich ging alles ganz schnell - die Ereignisse überschlugen sich, alle Wege kreuzten sich und für mich ging alles den Bach runter. Das angeschlagene Tempo hätte vorher gewiss auch gut getan, aber der Kontrast ist so extrem, dass es viel zu gewollt wirkte - als würde es der Autor plötzlich unter Zeitdruck stehen.
Nachdem ich mich eh schon oft fragen musste, worauf das Ganze wohl hinauslaufen wird, weil für mich kein roter Faden ersichtlich war, ist es wenig verwunderlich, dass mir das "große Finale" absolut nicht gefallen hat. Es wird bestimmt viele Leser geben, die das Ende "genial" oder "absolut passend" finden, was ich sogar irgendwie nachvollziehen kann, aber mein letzter Gedanke war: "Und dafür habe ich all die Stunden geopfert?" Es war ungefähr so als wäre ich die 386 Stufen des Kölner Doms hochgestiegen, nur um mir am Ende der Treppe den Knöchel zu verstauchen und somit nie die tatsächliche Aussichtsplattform erreichen zu können.
Fazit
Alles in allem ist Benjamin Percys "Roter Mond" ein durchaus lohnenswerter Roman, der mir persönlich, im Hinblick auf das enttäuschende Ende, viel zu lang und viel zu anstrengend war. Der Autor erzählt emotionslos, aber dafür sehr detailliert, was zwar für eine tolle Atmosphäre sorgt, die Distanz aber nicht verringert. Die Geschichte ist nichts für schwache Nerven und gewiss nichts für "Zwischendurch" und die Charaktere sind zwar authentisch und plastisch, aber irgendwie unantastbar. Der Roman hat im Grunde nichts mit Fantasy zu tun, stellt dafür aber eine gelungene Gesellschaftskritik dar. Für mich war "Roter Mond" zwar eher ein Fehlgriff, aber deshalb ist es noch lange kein schlechtes Buch - ganz knappe 4/5 Bücher!Der Autor
© Jennifer May |
Benjamin Percy wuchs auf im tiefsten Oregon. Vor seinem Romandebüt „Wölfe der Nacht“ schrieb er zwei hochgelobte Erzählbände. Er lehrt Creative Writing an der Iowa State University.
Originalcover
Mein Dank geht an...
...den Penhaligon Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!
Ich stimme dir zu. Ich hab mich nach dem Buch richtig geschlaucht gefühlt. Es war sehr gut geschrieben. Der Autor hält was er verspricht. Trotzdem nicht meine Richtung.
AntwortenLöschenLG, Gisela
Ja, genau :) aber Du warst ja doch etwas begeisterter als ich, gell?
LöschenDas klingt total spannend. Sowohl die Story als auch die Darstellung des Sex - ich frage mich immer, wie und wann wir den idealen Umgang damit finden :-)
AntwortenLöschenIch glaube, den gibt es nicht :D in manchen Geschichten ist Feinfühligkeit gut in anderen nicht..ich hasse es nur, wenn Sex zum Thema gemacht wird, aber der eigentlich Akt dann ausgelassen wird. Dabei geht es mir weniger darum, dass ich scharf auf ne Sexszene bin, sondern dass ich dann immer das Gefühl habe, dass es nichts Halbes und nichts Ganzes ist - verstehst Du?
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